Montag, 1. Dezember 2008

Gebetsgeschrei, Räuber und 100 Urufungusus

30.12.08

Diese Woche war ein großes Chaos, eine wertvolle Erfahrung von der ich aber erstmal genug habe. Sie fing mit der traurigen Verabschiedung von Reilusch an, die nun in die Welt der Weißen und Reichen zurückgekehrt ist.
Und nun hat Camille Malaria. Seit Mitwoch wissen wirs. Die arme elend Kranke lang da, wie ein Häufchen Elend und alles was wir tun konnten, war Maracujas zu kaufen und ihr zu helfen, ihre Eltern davon zu überzeugen, dass sie besser hier bleibt, anstatt nach Dland zurück zu kehren.
Seit Mitte der Woche sollte ich dann keinen Schlaf mehr finden. „Grund war, eine Gruppe von wildgewordener Charismatikern die sich so dachten: Och, machen wir mal die Nächte durch.“ Bin ich ja generell gerne dabei, nur leider sah die Jesusparty folgender Maßen aus: Es wurde ab 6 Uhr Abends gesungen, bis in die Puppen. Direkt neben meinem Raum. 100 Afrikaner. Wenn nicht gesungen wurde, „besinnte“ man sich aufs Gebet. Ich persönlich ziehe ja die ruhige Variante vor, doch hier gilt wohl: Je Lauter, desto heiliger. Und am besten noch in Zungenrede (siehe Wikipedia Zungenrede/Sprachengebet). Natürlich gab man sich keinerlei Mühe, auf Personen zu achten, die evtl. tagsüber arbeiten. Nööö... Ich wurde also die ganze Nacht mit Dämonenaustreibungen und Oaaalaschakalalalalaschakakakakaka iimana schalalallaalaa uuuuuuuu bumbum auf trapp gehalten (Um 3:42 habe ich das letzte Mal auf die Uhr geschaut). Wenn das die Sprache der Engel sein soll, trällert der Teufel dann lieblich intalienische Arien vor sich hin? Die Frage sei dahin gestellt.

Ich freute mich aufs Wochenende. Da wollte ich mich auf ein Bier mit Sala2 und Marie treffen, anschießend eine ruhige Nacht und eine große Mütze Schlaf bei Letzterer nachholen. Es sollte anders kommen.

Da ich spät dran war und keinen Pfennig Geld mehr hatte, ging ich auf dem Weg noch in der Bank vorbei und tauschte eine kleine große Menge Euros um. Schnell noch ne Pizza mit Jo und Rissa gemampft und dann ab zur Bar. Es war ein mittelprächtig netter Abend, doch weil wir alle ziemlich müde waren, war er auch schon um halbeins vorbei. Fast. Als Sala weg wahr, warteten Marie und Ich auf ein Motoradtaxi. Doch die Ersten waren uns zu teuer und so gingen wir ein Stück die Straße entlang. Seltsamer Weise mit einem komisch dreinschauenden Dreikäsehoch im Schlepptau. Er blieb uns an den Versen. Winkte ein paar Motors ran und ließ uns „freundlicherweise“ den Vortritt. Freundlich ist relativ. Wir verhandelten einen guten Preis, stiegen auf. Ich setze mir den Helm auf den Kopf und meine Tasche auf den Schoß. Plötzlich taucht der Knirps auf, reist mir die Tasche weg und springt durch die Hecke. „Was???“ denke ich, reagiere schnell und bin schon hinterher. Ohne nachzudenken spring auch ich durch die Hecke, schmeiß mir den Helm von Kopf und renne dem Dieb über das große dunkle Feld hinterher. Ich höre seine Schritte vor mir, er ist nicht weit entfernt „Das darf mir doch nicht passieren“, denke ich und mein Stolz treibt mich an. Hinter mir rufen 6 Motoradfahrer laut durcheinander, um die Polizei aufmerksam zu machen. Er ist schnell, ich auch. Ich seh die dunkle Gestalt vor mir hinter die Hecken in den Graben springen und merke plötzlich, dass ich ziemlich einsam auf einem sehr großen unbeleuchteten Feld einen Gangster verfolge. Da kommen die Motoradfahrer. Einer hinter mir her, ein anderer kommt von der Seite, er ist dem Dieb auf den Versen. Aus Angst bleib ich stehen und hoffe, dass der Fahrer mit dem grünen Helm den Verfolgten einholt. Doch er schafft es nicht und ich steh da und kapier nicht was passiert ist. Wieviele Engel tatsächlich um mich standen, begreife ich erst, als Marie für mich übersetzt. Niemals hinterherlaufen. Sie haben alle Messer dabei, erst letztens wurde genau hier ein Frau erwürgt. Diese Diebe seien zu allem fähig, dass erleben sie oft. Der Staat lässt ihnen keine andere Wahl, sie müssen stehlen und schrecken deshalb vor nichts zurück. Nicht selten werden auch die Motoradfahrer erstochen, damit jemand an ihr bisschen Geld heran kommt. „Hättest du ihn eingeholt, hätte er dich getötet“, sagt einer. Über Geld, Portmonai, Schlüssel, Handy, DVDs und mein Schlafzeug erfreut sich jetzt ein anderer. Ich bin dankbar, für ein bisschen Angst, dass über meinen Stolz gesiegt hat.

Mit Marie bin ich dann nach Hause, hab ein wenig geschlafen und dann sind wir zur Polizei... Danach war meine Hoffnung noch kleiner, meine Sachen wieder zu bekommen.
Vor etwa einer Stunde dann, fand ich mich mit Papa Odaz auf dem Boden vor meinem Zimmer wieder. Vor uns 100 kleine Schlüssel. Ob ein Ersatzschlüssel dabei sei, dass wüste er nicht...mal ausprobieren. Der 41. hat dann auch gepasst und ich bin froh nach all dem in meinen vier Wänden sitzen zu dürfen.

Das war meine Woche. Angefangen mit Möchtegernheiligen, die die angebliche Engelssprache nur so aus sich heraus geschrien haben, dass ich wie ne Eins im Bett saß und nicht schlafen konnte. Und sie endete mit ein paar sehr einfach Menschen, die so wenig verdienen, dass sie Nachts noch arbeiten, wo vielleicht wieder einer von ihnen sterben wird. Die aber heilig genug sind, um mich blödes, reiches Mozungu-Mädchen vor dem Gauner zu bewahren. Riskiert haben, selbst was ab zu bekommen, während sie ihn für mich verfolgt haben. Dunkle Engel mit grünen Helmen, die mehr Jesus wahren, als so manch Gebetstüchtiger hier.

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Das hast du jetzt aber schon ein bißchen sehr kritisch geschrieben lieblichstes Zecke!

Dafür, dass du nicht schlafen konntest können die wild betenden Brüder was, dafür dass sie nicht zu gleicher Zeit hinter Dieben herbrausen können nicht.

Wer weiß, wofür sie gebetet ham...

Daniel Marohn hat gesagt…

huhu Süsse!

manomann ... was machst du denn für Sachen? Gut das Du mit den HighHeels nicht so schnell unterwegs wars wie der kleine Dieb...

Ich würde ja möglicherweise fragen was dein Schlafzeug in der Handtasche zu suchen hat, aber ich glaube die Antwort würde nur verwirren ;) Naja... schläfst du ab jetzt halt nackt.

So! Jetzt aber mal zu deinen Marktschreiern nebenan: Schauen wir mal einen kurzen Moment die 'offizielle' Definition der katholischen Kirche an:

Die anderen Engel aber erkennt er [ein Engel] durch die eingegossenen Ideen, die er von ihnen als geistigen Geschöpfen besitzt; und zwar erkennt der höhere Engel den niederen vollkommener als dieser jenen; keiner aber hat vom anderen eine sogenannte "Herzensschau", d.h. er kann nicht die inneren Gedanken des anderen erkennen, wenn sie ihm nicht mittels der "Engel-Sprache" freiwillig zur Verfügung gestellt werden. Dieses "Sprechen" ist ein rein geistiger Vorgang in der Raum- und Zeitlosigkeit, ein Willensakt, mit dem der eine Engel den anderen "anruft" und ihm seine Gedanken zur Verfügung stellt, ohne ein äußeres Zeichen oder einen neu geformten Begriff, ohne dass auch ein Dritter gegen ihren Willen davon erfahren oder die Entfernung diese freie Mitteilung der Geister behindern könnte.

Die Tatsache das du die Junx hören konntest lässt also nur zwei Dinge zu:

1. Sowohl Marktschreier, wie auch Du seid beide Engel. In diesem Fall sollte es beim nächsten Mal genügen kurz auf den Umstand hinzuweisen, das du die Message verstanden hast und weitere Wiederholungen nicht nötig sind.

2. Marktschreier sind gar keine Engel und sprechen somit gar nicht englisch (hoho); in diesem Fall könntest du einfach einen deiner VOLLKOMMENEN Muffins nehmen, in die Runde tragen und auf 1. Korinther 13,8 verweisen - das sollte sie zum schweigen bringen.

sl - sw - hp
Daniel, der Große